1897 entstehen die Gedichte "Mir zur Feier", die im letzten Drittel unter dem Motto stehen: Das All im Einen. Sie scheinen mir neben dem "Stundenbuch" der wichtigste Beleg in spiritueller Hinsicht für den jungen Rilke zu sein. 1926 veröffentlichte Rilke in Paris seine erste Gedichtsammlung in französischer Sprache. Sie strahlen eine große Einfachheit in Sprache und Inhalt aus.
Dazwischen Rilkes "Weg nach innen".
Rilkes geistiger Weg endet nicht mit den "Duineser Elegien" und auch nicht mit den "Sonetten an Orpheus", die den Elegien nahe stehen und gleichzeitig mit den Elegien geschrieben worden sind. Rilke wendet sich schon vor den Elegien mit Begeisterung der französischen Sprache zu. Zunächst betätigt er sich als Übersetzer. Doch die ersten eigenen Gedichte in französischer Spache entstehen bereits 1921. Sie feiern die kleinen Freuden des Alltags im Tal der oberen Rhône. Rilke befreundet sich mit dem Grandseigneur der französischen Lyrik, Paul Valéry, übersetzt ihn ins Deutsche und lernt von ihm das sprachliche Raffinement für seine neue Themen. Rilke findet zur inneren Haltung der Gelassenheit und kann jetzt in spielerischer Form den einfachen Bedürnissen seines Herzens Ausdruck geben.
Ich führe die wichtigsten "Stationen" von Rilkes Weg nach innen auf und verweise auf ausgewählte Texten, an den sich die jeweiligen Etappe auf dem inneren Weg ablesen lässt. Ich denke, dass so manches unverständlich erscheinendes Gedicht von Rilke auf dem Hintergrund der spirituellen Entwicklung verständlicher wird. Allerdings birgt die Darstellung als ein Versuch, viele Puzzels zu einer "schlüssigen" Entwicklung in der Spiritualtät des Dichters zusammenzusetzen, auch die Gefahr in sich, dass Dinge von Heute in die Texte von Gestern hinein projiziert werden. Ich bitte deshalb darum, dass man mit den "Ergebnisse" meiner Arbeit mit Bedacht umgehe. Ich sage sehr deutlich: So stellt sich das für mich dar; und fordere jeden interessierten Menschen dazu auf, sich seine eigene Meinungen zu bilden.
Rilkes geistige Entwicklung lässt sich unter dem Aspekt der Spiritualtität in der Weise kennzeichnen, dass er, ausgehend von einem schwärmerisch-mystischen Naturerlebnis, am Ende seines Lebens zu einer umfassenden Bejahrung des Lebens findet.
Hier nun also die Etapppen seines Weges nach innen, wie sie sich mir darstellen: