Madagassischer Besuch im Poxdorfer Lesehaus

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Suzanne Razanatsoa, Koordinatorin einer madagassischen Selbsthilfeorganisation für Frauen und Gründerin der Darlehenskasse „Fivoy“, berichtete im Poxdorfer Lesehaus von ihrer Arbeit in Madagaskar.

Suzanne kommt aus einer madagassischen Bauernfamilie. Ihr Vater war Lehrer in der Schule ihres Dorfes und setzte alles daran, dass sie eine gute Ausbildung erhielt. Nach dem Abitur besuchte sie eine Akademie für Sozialarbeit in der Hauptstadt des Landes, wo sie sich der katholischen Arbeiterbewegung „Iray Aina“ anschloss. Ihr Verband schickte sie als Delegierte zu internationalen Versammlungen der „Weltbewegung christlicher Arbeiter“, wo sie 1986 zur Generalsekretärin des Weltverbandes der katholischen Arbeiterbewegungen gewählt wurde. In dieser Zeit knüpfte sie die Kontakte zur katholischen Arbeitnehmerbewegung in der Erzdiözese Bamberg. Nach ihrer Tätigkeit als Generalsekretärin studierte sie zwei Jahre Sozialwissenschaft in Paris. In ihrer Magisterarbeit beschäftigte sie sich mit der schwierigen Lage der madagassischen Frauen, einem sehr umfangreichen und vielfältigen Gebiet, das sie sehr betroffen machte.

 „Ich möchte die Frauen glücklich sehen“ sagte sie sich. Die madagassischen Frauen sind oft unglücklich, weil sie von Existenz bedrohenden Nöten geplagt sind, wenn wieder einmal die Nahrungsmittel für ihre Familie zu Ende sind und keine wegen Geldmangel beschafft werden können, weil eines ihrer Kinder krank ist, aber der Arzt ist weit weg und nicht bezahlbar, weil sie ihren Kindern wegen fehlender Mittel nicht die Schulbildung ermöglichen können, die sie aus dem Teufelskreis des Hungers herausführen könnte, weil wieder einmal ein Wirbelsturm die Ernte und damit die Existenzgrundlage vernichtet hat.

Gegen diese die Existenz bedrohenden Nöte kämpft Suzanne zusammen mit den Frauen, die sie in Frauenvereinen organisiert hat. Dazu hat sie eine Darlehenskasse für Mikrokredite gegründet, die an Frauen Kleinkredite in Form von Geld oder Saatgut ausgibt, wenn diese eine Tätigkeit aufnehmen, die Einkommen generiert z. B. Geflügel- oder Schweinezucht, Handarbeiten oder Reishandel.

„Wenn ich die Frauen bilde, bilde ich die ganze Familie“. Nach diesem Leitspruch versucht Suzanne madagassische Frauen und ihre Familien aus dem Teufelskreis des Hungers herauszuführen. Durch die Bildung soll das Selbstbewusstsein der Frauen, die oft noch Analphabeten sind, soweit gestärkt werden, dass sie in der Öffentlichkeit und in der Gesellschaft ihre Anliegen sicher vertreten.

Mit Unterstützung des KAB-Diözesanverbandes Bamberg hat sie eine Schulkantine gebaut, in der die Kinder, die in die Schule gehen, einmal täglich während der Hungermonate eine warme Mahlzeit erhalten. Eine zweite ist in Vorbereitung, in der mit Unterstützung des KAB-Diözesanverbandes täglich während der Hungermonate 320 Kinder verköstigt werden sollen.

Ihr Anliegen und das ihrer Förderer in Deutschland ist eine echte Partnerschaft, eine Partnerschaft auf Augenhöhe, die im Armen den gleichberechtigten Partner und nicht nur den Hilfsempfänger sieht. Denn auch sie sind voller Ideen und Lebenserfahrung, so dass sich auch für uns ein Austausch lohnt.

Hans Mittelmeyer