"Paris, Rilke und ich" - eine Erzählung
"Paris, Rainer Maria Rilke und ich" - Die siebte Aufnahme
Ich befinde mich mit einem Teil der Rilke-Freunde im Luxembourg unweit unseres Tagungsortes in der Sorbonne. Es ist ein kurzes Spaziergang bis hierher. Wir sahen die Nummer 11 der rue Toulier, die von Malte erwähnt wird und wo Rilke in der ersten Zeit seines Paris-Aufenthaltes im Hotel gelebt hat. Dabei wird uns der feine Unterschied klar gemacht, dass der Romanheld Malte in der fünften Etage, Rilke aber in der vierten Etage gewohnt habe. Der Dichter verschlechterte die Wohnsituation von Malte, weil dies besser zum Roman passte.
Dann führt uns der Spaziergang vor den Panthéon auf der Montagne Sainte Geneviève und auf den Boulevard Saint Michel, wo wir auf einen Obdachlosen treffen, der dem "Malte" entsprungen scheint. Vor der Bronzestatue des Merkur im Garten des Luxembourg sammelt sich die Gruppe erneut und lauscht den Ausführungen eines französischen Germanistik-Professors von der Sorbonne. Unweit plätschert der Medici-Brunnen und zieht mich magisch an. Ich gehe auf die andere Seite des Brunnens und setze mich auf eine der Bänke unter den Bäumen. Ich mache mir Notizen. Ich lerne immer noch das Schreiben und das Sehen. Im Schreiben vermehrt sich meine Lust am Leben. Auch Rilke saß hier und lernte das Sehen. Mit diesem Bild vom im Schutz der herbstlichen Bäume des Luxembourg verweilenden Rilke möchte ich mich von Paris, von Rilke und von Hans Keydel verabschieden.
Wollte man das Paris von Rilke kennenlernen, müsste man vor der Notre-Dame beginnen und sich in die Rosette vertiefen. Rilke hat sie dann zwar auf Chartres bezogen, doch hier hat er sie wohl zum ersten Mal gesehen. Es folgt ein Blick auf das alte Hôpital Dieu, begleitet von einer Lesung des Abschnittes aus dem Malte, als der junge Maler den Weg der Kranken in den Todeskarren über den Platz beschreibt. Es folgt ein längerer Spaziergang die rue Saint Jacques bis zum Musée de Cluny entlang. Die rue St. Jacques war einmal die Straße, auf der die römischen Legionen in Lucrezia einzogen. Dann wurde die alte Straße zum Pilgerweg nach Compostela und Rom. Beim Panthéon ginge es dann nach rechts in den Jardin du Luxembourg, wo Rilke noch immer im Schatten der Bäume sitzt und auf uns wartet.
1) Siehe meinen Vortrag vom März 2006 in Berlin: Lou Albert Lasard, die Muse Rilkes, gehalten bei Gelegenheit einer Ausstellung der Gemälde und Skulpturen von Lou Alber Lasard. auf Einladung der Edition Goldbeck-Löwe.
2) Der neuen Gedichte anderer Teil. Erschienen 1909 bei Insel, Leipzig. Die Sammlung enthält die Widmung: A, mon grand Ami Auguste Rodin.
3) Die entsprechenden Gedichte sind im Buch der Bilder enthalten.
4) Das Gedicht heißt Die Aschanti und steht im Buch der Bilder. In einer Studie aus dem Jahr 2005 geht Erich Unglaub auf die interkulturellen Zusammenhängen ein, aus denen dieser Textes entstanden ist.
5) Zum Zeitpunkt der Bearbeitung dieser Erzählung im Mai 2009 sendet Arte einen Bericht über Stéphane Hessel.
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